Format: Text
Land: Deutschland
Thema: Extremismus, Gesellschaft
Sprache: Deutsch
Autor: Simon Jacob
Ort: Berlin, Deutschland
Kategorie: Artikel
Rubrik: Gesellschaft, Extremismus
Datum: 30.05.2016
Textdauer: ca. 6 Min.
Sprache: Deutsch
Titel: Refugees welcome? Flüchtlinge und die jüdische Gemeinschaft heute
 

 

Refugees welcome? Flüchtlinge und die jüdische Gemeinschaft heute

 

Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland - ZWST - , einer der sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege neben Caritas, Diakonie, AWO, die Paritäter und dem Roten Kreuz, veranstaltete Ende Mai in Berlin ein hochkarätiges, über das ganze Wochenende verteilte Seminar, zu dem ich ebenfalls als Referent eingeladen war.

 

Interessant war die Zusammenstellung der Beiträge, durch die viele Themen vertreten waren, die mehrheitlich über das jüdische Leben hinaus die gesamte Gesellschaft in Deutschland und Europa betreffen.

 

Mit der Flüchtlingsthematik verbunden sind Hilfe für die Geflüchteten, Integrationsprozesse und Aufarbeitung des Erlebten. Aber auch Sicherheitsaspekte, gesellschaftliche Ängste und, leider ist dies ebenfalls eine Entwicklung, ein wachsender Antisemitismus aufgrund der Herkunftsländer, aus denen die Schutzsuchenden kommen.

 

Über das dreitägige Programm verteilt, waren folgende Referenten anwesend:

 

Festung Europa versus offene Grenzen. Flüchtlingspolitik in Europa

(Ingmar Zielke, AK Junger Außenpolitiker der Konrad-Adenauer-Stiftung)

 

„Fremde wart ihr in Ägypten. Die Flüchtlingsfrage im Judentum“

(Rabbiner Yitshak Ehrenberg)

 

Aktuelle Sicherheitsfragen durch die Zuwanderung aus arabischen Staaten. – wachsender Antisemitismus in Deutschland?

(Dr. Samuel Schidem, Nahostexperte, Menschenrechts-Campaigner, Vorsitzender des Vereins Phaidon)

 

„Der beste Ausländer ist der, der nicht so aussieht und dem man es nicht anmerkt.“ Dummer Spruch oder Integrationsstrategie in Deutschland?

(Prof. Barbara John, ehemalige Ausländerbeauftragte von Berlin, Vorstandsvorsitzende Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e. V., Ombudsfrau für die Hinterbliebenen der NSU-Opfer)

 

Jüdisches Engagement für Flüchtlinge. Berichte aus der Praxis mit Diskussion

(Hannah Dannel, Zentralrat der Juden in Deutschland, Kulturreferentin und Koordinatorin Mitzvah Day Deutschland)

 

Kamingespräch: Flüchtlingshilfe in Berlin - wir brauchen langen Atem

(Matthias Nowak, Leiter Flüchtlingshilfe und Ashiqullah Safi, Mitarbeiter Flüchtlingshilfe, Malteser Hilfsdienst Berlin)

 

Project Peacemaker: Die Situation in Syrien und im Irak – Ursachen für die Flucht in den Westen

(Simon Jacob, Friedensbotschafter des Zentralrats der Orientalischen Christen in Deutschland)

 

Nahostflüchtlinge und Judenhass

(Prof. Dr. Bassam Tibi, Professor Emeritus für Internationale Beziehungen, Universität Göttingen)

 

Was mich besonders überraschte war das sehr interessierte und vor allem gut informierte Publikum. Die Zeit gab es leider nicht her, alle Fragen ausführlich zu diskutieren. Zumindest was die Vorträge von Professor Bassam Tibi und mir angeht kann man erwähnen, dass die Fragestellungen ein breites Spektrum aufwiesen. Getrieben von Ängsten kamen viele zu Wort, die mehr über die mit den Flüchtlingen verbundene Sicherheitslage wissen wollten. Doch auch Fragen der Geopolitik, besonders in Bezug auf den Iran, Syrien und Saudi Arabien, schienen von Interesse zu sein.

 

Beim Kaminfeuer – Gespräch, an dem ich ebenfalls teilnahm, kam das Thema Diskriminierung von Flüchtlingen auf. Hier schnitt ich beim Referenten eines Heimes in Berlin das Thema der religiösen Konflikte an. Hocherfreut war ich darüber, dass zumindest die Leitung dieses Heimes strikt drauf achtet, dass keine religiösen Konflikte entstehen. Erzieherische Maßnahmen werden ebenfalls getroffen, um die Neuankömmlinge an die hiesige Kultur mit allen Rechten, Pflichten und Normen heranzuführen.

Allerdings kam es zu einem größeren Diskussionsbedarf, als es im Besonderen um das Thema „Diskriminierung von Christen“ ging. Der Aussage, dass die Geschehnisse in Berlin übertrieben wären und durch eine hervorgehobene mediale Präsenz noch an Stärke gewinnen, konnte ich nichts abgewinnen. Hierbei ist allerdings zur Verteidigung des Referenten zu betonen, dass dieser nicht wusste, dass ich mich persönlich bereits seit Jahren mit diesem Thema beschäftige und maßgeblich an mehreren Reportagen beteiligt war, die seit 2013 über solche Vorkommnisse berichten.

 

Allgemein ist der Nahe Osten mit seinen vielfältig vernetzten Clans, sowie den unterschiedlichen konfessionellen Strömungen innerhalb der verschiedenen Ethnien, ein für den westlichen Betrachter in seinen Strukturen schwer zu durchschauendes System. Es besteht ein gewisser Unterschied zu den Menschen mit „nahöstlichen Wurzeln“ bei der Gewichtung und den Blickwinkeln auf die nahöstlichen Kulturen mit all ihren positiven aber auch negativen Facetten, so dass die gegenseitigen Ressentiments in manchen Bereichen unübersehbar sind.

 

Und so hatte ich ein bisschen das Gefühl, dass auf der einen Seite die Deutsch – Orientalen, in diesem Fall Professor Bassam Tibi, Samuel Schidem und ich, eine Seite vertraten. Und auf der anderen Seite der Waagschale befanden sich die Experten mit deutsch – deutschem Hintergrund.

Doch sind es auch gerade diese Begegnungen die nötig sind, um einen dringend notwendigen   Diskurs in der Gesellschaft zu starten.

 

So schmerzhaft das auch sein mag.

Oder um es mit den Worten Professor Tibis abzurunden:

 

„Antisemitismus kommt aus dem Herzen der arabischen Gesellschaft“.

Dies gilt es auszusprechen.

 

In diesem Zusammenhang bedanke ich mich recht herzlich, auch im Namen des Zentralrates Orientalischer Christen in Deutschland dessen Friedensbotschafter ich bin, für die Einladung und die Möglichkeit, als Referent bei der Veranstaltungen partizipieren zu dürfen.

 

Kontaktdaten des Veranstalters wie folgt:

www.zwst.org

 

Simon Jacob

Berlin, 30. Mai 2016

 

 

 

Buchtipp:

 

Seit Jahren reist Simon Jacob durch Länder wie Syrien, Irak oder Iran. Als Angehöriger eines wichtigen Clans gelangt er an Orte, die für andere nie zuganglich waren. Dort spricht er mit Menschen, immer auf der Suche: der Suche nach Frieden, auch seinem eigenen Inneren. Seine Reise schildert auch die Schrecken dieser Kriegsgebiete. Aber mehr noch zeigt dieses Buch, dass und wie Friede wirklich möglich ist. Eine Botschaft, die vor allem in diesen Tagen Mut und Hoffnung macht und motiviert, zu kämpfen für eine bessere Zukunft und für etwas, was Simon Jacob ausgerechnet im Irak und in Syrien wiedergefunden hat: Menschlichkeit.

 

 

 

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